„Papas Kriege“ sind immer und überall
09 Jun 2017, Posted by Pressemeldungen inRheinische Post, 9. Juni 2017 – Von Sandra Grünwald
Kreis Mettmann. Nachdem sich die drei Teilnehmer der Friedenskonferenz hilfsbereit gegenseitig mit Taschentüchern förmlich überschüttet haben, als sie sich mit einem Virus infiziert haben, erhebt sich plötzlich der Vertreter aus Deutschland und hält eine Rede: „Es fehlte mein Stuhl … der Angriff galt nicht mir, sondern euch allen… Es gibt zweit Wege, darauf zu reagieren … Wir lassen es uns gefallen und unser Volk wird zugrunde gehen … Oder wir kämpfen mit harter Hand um den Platz, der unserem Volk gebührt … Unser Volk zuerst …“ Um zum Schluss zu versprechen, dass er, solange er an der Führung ist, sich diesem Kampf widmen wird. Dann verstummen die drei Schauspieler. Stille kehrt ein.
Es ist ein beklemmendes Ende, in das diese Szene den Zuschauer entlässt. Denn unwillkürlich stellt sich die Frage, ob diese Rede vor siebzig Jahren oder erst vor sieben Wochen gehalten wurde. Beides könnte möglich sein. Und das ist im Stück „Papas Kriege“ durchaus beabsichtigt.
Angefangen hat alles damit, dass Matthias Kuchta in seinem Familienarchiv auf Tagebücher und Feldbriefe stieß, die während des Zweiten Weltkriegs geschrieben wurden. „Es ist ein Stück Familiengeschichte“, erzählt er, „der Zweite Weltkrieg war Tabu.“ Doch ihn hat es nicht mehr losgelassen. Vor eineinhalb Jahren setzte er sich mit Katja Lillih Leinenweber, der künstlerischen Leiterin der Neanderland-Biennale, zusammen, um alle Briefe und Fotos durchzugehen.
Die Idee für ein Theaterstück wurde geboren. Da die Biennale 2017 die Länder Deutschland, Frankreich und Polen zusammenbringt, wurde mit Matthias Kuchta aus Deutschland, Laurent Varin aus Frankreich und Zbyszek Moskal aus Polen ein Schauspieler-Trio gefunden, das unter der Regie von Claude Magne gemeinsam und auf der Grundlage von Feldbriefen aus Deutschland, Polen und Frankreich ein ganz besonderes Stück entwickelt hat: „Papas Kriege“. „Es ist kein Dokumentartheater“, betont Lillih Leinenweber. Zwar kommt es mit minimalistischen Requisiten aus, arbeitet dafür aber mit Projektionen, mit Musik und – vor allem – mit der starken Ausdruckskraft der drei Akteure.
Obwohl die Szenen dreisprachig gezeigt werden, gibt es keine Verständnisschwierigkeiten. Zwar hat „Papas Kriege“ seinen Ausgangspunkt in Briefen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, doch dem Team war es wichtig, die Aktualität des Themas darzustellen. „Wie verführbar sind wir?“, fragt Matthias Kuchta. „Was bedeutet es, zu sagen, meine Nation zuerst?“
Auch Claude Magne sagt: „Es war uns wichtig, nicht nur die Vergangenheit zu zeigen, sondern auch die heutige Situation.“ Und obwohl es berührende und vielleicht auch verstörende Szenen beinhaltet, ist das Stück „Papas Kriege“ äußerst unterhaltsam und sehr humorvoll.